Modigliani-Miller-Theorem

Modigliani-Miller-Theorem
1. Begriff: 1958 von  Modigliani und  Miller aufgestellte Theoreme über die Zusammenhänge zwischen Marktwert, Kapitalstruktur und Kapitalkosten.
- Theorem I: Der Gesamtwert eines Unternehmens in einer bestimmten Risikoklasse ist bei gegebenem Investitionsprogramm und damit gegebenem Erwartungswert der Erfolge auf unvollkommenem Kapitalmarkt im Gleichgewicht unabhängig von der Kapitalstruktur. Das zentrale Theorem I wird durch den Arbitragebeweis gestützt: Bestehende Marktwertunterschiede zwischen Unternehmen unterschiedlicher Verschuldung werden von rational handelnden Investoren durch Arbitrageoperationen ausgeglichen.
- Theorem II: Die von den Anteilseignern erwartete Rendite ist eine lineare Funktion des Verschuldungsgrades des Unternehmens.
- Theorem III: Der Gesamt- oder durchschnittliche Kapitalkostensatz, der als Diskontierungssatz zur Vorteilhaftigkeitsprüfung verwendet wird, ist unabhängig davon, wie diese Objekte finanziert werden.
- 2. Folgerungen: Änderungen der Kapitalstruktur einer Aktiengesellschaft sind ohne Einfluss auf deren Marktwert und die Reichtumsposition der Eigentümer. Investoren können durch Wertpapiermischung (Aktien, Anleihen) oder private Verschuldung das Gleiche erreichen wie Unternehmensleitungen durch Variationen der Kapitalstruktur. Kapitalstrukturentscheidungen sind irrelevant.
- Die von den Eigentümern geforderte Rendite ist eine lineare Funktion des Verschuldungsgrades. Die durchschnittlichen  Kapitalkosten sind unabhängig vom Verschuldungsgrad. Es existiert also keine, den Gesamtkapitalkostensatz minimierende Kapitalstruktur.
- Investitionsentscheidungen können über die  Kapitalwertmethode mit den durchschnittlichen Kapitalkosten als Diskontierungssatz unabhängig von der Finanzierung getroffen werden.
- 3. Gegenüberstellung mit der traditionellen These: Die traditionelle These behauptet die Existenz einer optimalen Kapitalstruktur. Zentral ist dabei die Annahme, dass mit von Null aus wachsendem Verschuldungsgrad zunächst nicht nur der Fremd-, sondern auch der Eigenkapitalkostensatz (nahezu) konstant bleibt. Erst bei hinreichend hoher Belastung der Unternehmung mit fixen Zins- und Tilgungsverpflichtungen beginnen Fremd- und Eigenkapitalkostensatz wegen des höheren Risikos zu steigen. Vor diesem Hintergrund lohnt sich auf jeden Fall die Wahl eines über null hinausgehenden Verschuldungsgrads, weil auf diese Weise teures Eigen- durch preiswertes Fremdkapital substituiert und der Gesamtkapitalkostensatz somit gesenkt (der Unternehmenswert also gesteigert) werden kann. Erst wenn mit weiter wachsendem Verschuldungsgrad Eigen- und Fremdkapitalkostensatz anfangen zu steigen, wird sich schließlich die sukzessive Erhöhung der Fremdkapitalquote nicht mehr lohnen. Unbefriedigend an der traditionellen These ist, dass die unterstellten Verläufe von Eigen- und Fremdkapitalkostensatz als Funktion des Verschuldungsgrads nicht theoretisch fundiert sind, sondern ad hoc angenommen werden. Das M.-M.-T. zeigt nun gerade, dass auf dem vollkommenen Kapitalmarkt im Gleichgewicht der Eigenkapitalkostensatz nicht einmal im Bereich sehr geringer Verschuldungsgrade annähernd konstant ist und hat insofern die traditionelle These abgelöst.
- 4. Kritik: Das M.-M.-T. basiert auf der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes im Gleichgewicht. Berücksichtigt man Unvollkommenheiten wie die Existenz von finanzierungsabhängigen Steuern und Insolvenzkosten oder ungleich verteilte Informationen zwischen den Marktteilnehmern, lässt sich eine (theoretisch fundierte) Relevanz unternehmerischer Finanzierungsentscheidungen für den Unternehmenswert belegen.

Lexikon der Economics. 2013.

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